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October 24, 2007

Süddeutsche Zeitung October 21, 2007

Ewige Nachkriegszeit

Start in New York: Das German Theater Abroad auf US-Tour

Irgendetwas müssen Kati, Rob und Micha falsch gemacht haben. Während Ronald Marx, der rührige Gründer der seit elf Jahren erfolgreichen Berlin-New Yorker Theatergruppe German Theater Abroad (GTA), Unterstützung von der Bundesregierung, der Bundeskulturstiftung und den Berliner Festspielen an Land zog, sind die drei Helden seiner aktuellen Produktion, Roland Schimmelpfennigs neuestem Stück „Start Up“, schutzlos den Gesetzen des Marktes ausgesetzt. Was genau die drei Protagonisten nach Amerika geführt hat, erfährt man nicht, doch es waren wohl –wieder einmal – Elvis, der Western und die Sehnsucht nach dem großen Himmel.

Gekommen sind sie jedenfalls, um Theater zu „machen“. Nach Tausenden Meilen in ihrem Bus sind sie angekommen – im Nirgendwo – und beschließen, das sei der richtige Ort für deutsche Kultur. Rob (Nils Nellessen) und Micha (Nicolai Tegeler) sind ausgehungert – und so treuherzig, dass sie damit sogar Ike entwaffnen, von dem sie einen leerstehenden Laden für ihre „Kulturtankstelle“ mieten wollen, obwohl sie weder Miete noch Kaution bezahlen können.

Im echten Leben sieht es, wie gesagt, etwas rosiger aus. Der frisch lackierte GTA-Bus parkte mit Video-Equipment beladen vor dem kleinen Theaterraum im New Yorker East Village, wo die Premiere von „Start Up“ stattfand. Und eben brach die Truppe mit den drei deutschen und zwei amerikanischen Schauspielern nach Westen auf. Sieben Wochen lang wird sie durch Orte wie Sautee Nacoochee, Georgia, Birmingham, Alabama und Death Valley Junction, California, ziehen. Deutsches Subventionstheater zwischen CarWash und Dairy Queen – und weit und breit kein Goethe-Institut: Das dürfte interessant werden.

Für die New Yorker Aufführungen musste die Weite des Landes noch simuliert werden. Die Rückblenden, die per Video eingespielt werden, wurden in Coney Island und der Brandenburger Westernstadt Templin aufgenommen. Später sollen die Abenteuer, die die Truppe unterwegs erlebt, in die Inszenierung finden – eine Art inszenatorische Rückkopplung. Auch in New York war die Videokamera jedoch schon viel im Einsatz und blies etwa Kussszenen zu Hollywood-Closeups auf.

Die Idee ist reizvoll, aber sie hilft nicht hinweg über die Klapprigkeit des Stücks, das streckenweise zu einer Revue der größten Deutschland- und Amerika- Klischees herunterkommt. Coca-Cola und Rosinenbomber, „Ich bin ein Berliner“ und „Jailhouse Rock“ – nichts darf fehlen, als seien die Deutschen, selbst wenn sie jung und wild sind wie Kati, Rob und Micha, in einer ewigen Nachkriegszeit eingesperrt. „Hitler ist also der Grund, warum ihr hier keinen Videoverleih aufmachen wollt?“, fragt Ike (Roland Sands) die guten, rotbackigen Deutschen, und bringt damit die Absurdität nur teilweise ironisch auf den Punkt.

Wenigstens Kati (Lisa-Marie Janke) hat die Zeichen der Zeit erkannt. Sie hat genug von ihren Künstlern und bleibt bei Ike, der alle Geheimnisse des örtlichen Video-Markts kennt. Die Jungs ziehen unterdessen mit seiner erfrischenden Tochter Liz (Myxolydia Tyler) weiter gen Westen. Vor lauter Sturm und Drang vergessen sie dabei ganz das Theatermachen.

JÖRG HÄNTZSCHEL

3 comments:

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